Dienstag, 23. April 2013

Die Übung des Dant‘ian


  

Das große kulturelle Erbe der Daoisten überliefert uns die Lehre vom Dao. Damit eng verbunden ist die Lehre von Qi mit seinen Gesetzmäßigkeiten. Dieses alles durchdringende Energiepotenzial ist die treibende Kraft des Dao.

Vom unendlichen Kosmos bis hin zu den kaum vorstellbaren kleinsten Teilchen kann nichts ohne Qi existieren. 

Alles Leben auf unserem Planeten bedarf des Vorhandenseins und der Funktion dieser Naturkraft.

„Der Mensch ist im Qi, das Qi ist im Menschen“, sagten die alten Daoisten.

„Schmerz ist der Schrei des Körpers nach fließendem Qi“, lehrt die „Traditionelle Chinesische Medizin“.

„KörperGeistSeele“ bilden eine untrennbare Einheit.

Unser körperliches, mentales und seelisches Wohlbefinden hängt unmittelbar vom Vorhandensein dieser Vitalkraft ab.

Jede geistige Anspannung, jede Emotion, alle Gefühle und seelische Schmerzen drücken sich im Körper aus und „vice versa“ beeinflussen unsere Körperempfindungen den geistig/seelischen Bereich.

Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelten die Daoisten Methoden, um Krankheiten vorzubeugen und sie zu behandeln.

Zur Pflege, zum Nähren und Vermehren von Qi wurde schon in der Zeit des sagenumwobenen Gelben Kaisers die Methode des Dao Yin (seit etwa 1950 Qi Gong genannt) entwickelt und die Körperübungen der Kultivierung der Seele (Körperseele Po und Geistseele Hun) und  der Stärkung der Mentalkraft gleichgesetzt.

Essenz dieser Übungen war die Regulierung von Geist, Atem und Körper zum Zwecke der Förderung der Langlebigkeit und Gesundheit.

Die Teilaspekte dieser feinstofflichen Energie Qi, die „drei Schätze“ Jing (Essenz), Qi (Aktivitätspotential) und Shen (Bewusstes und Unbewusstes) wurden in diesem Blog ausführlich beschrieben.

Durch das Wirken von Zhang San Feng in den Bergen von Wudang  entstand die daoistische Wudangschule, auch "Innere Schule" genannt, die im Gegensatz zur „Äusseren Schule“ der Shaolin  einen völlig neuen Kampfstil hervorbrachte, den „Inneren Stil der Kampfkunst“.

In der daoistischen Wudangschule entstand nach den Ideen, Visionen und Träumen von Zhang San Feng der „Innere Stil“

Durch die Schöpfung von „Tai Ji Quan“ als „Mutter der zehntausend Kampfkünste“ waren die Daoisten in der Lage, ihre „Inneren Energien“ Jing, Qi und Shen in einem bis dahin unbekanntem  Ausmass zu entwickeln und sich auf diesem „Weg“ der Kultivierung des Dao zu widmen.

Am Anfang dieser Übungspraxis steht das Erlernen und die Koordination körperlicher  Bewegungen. Dabei wird versucht, sich in den Übungen zu entspannen, loszulassen, sich mit Ruhe und Natürlichkeit, weich, aber mit innerer Kraft und Lebendigkeit zu bewegen und die Einheit zwischen Himmel, Mensch und Erde, genauso wie zwischen Atem, Körper und Geist und Innen und Außen herzustellen.

Diesen Zustand entspannter Harmonie, bei dem die Gedanken vor dem Üben abgelegt werden wie alle Gegenstände und Habseligkeiten, die zum Üben nicht gebraucht werden, nennt man „Fangsong“.

Nur im Zustand des „Fangsong“  ist es möglich, das „Innere Qi“ „Nei Qi“ auszubilden.

„Fangsong“ lässt sich nicht mit dem Willen herbeiführen und auch nicht durch Belehrungen übermitteln.

Einfach geduldig üben und warten, bis „es“ geschieht.

„Fangsong“ ist der Zustand von losgelöster Gelassenheit und innerer Harmonie, ein Zustand der Heiterkeit und doch von unglaublicher Wachheit und geistiger Frische.

Einige Inneren Übungen „Nei Gong“ der daoistischen Wudangschule zur Kultivierung des „Fangsong“ und des „Nei Qi“ wurden in diesem Blog  ausführlich beschrieben:

Die „Stehende Säule“ „Zhan Zhuang“, das „Leiten und Führen der Aufmerksamkeit“ „Yishi Daoyin“ (Qi durch Yi Lenken),
dazu auch das Üben der „Zhoutian“, des „Kleinen und Großen Himmlischen Kreislaufs“.

In der Tradition der daoistischen Wudangschule steht die „Übung des Dant’ian“ im Mittelpunkt aller Übungen.

Die drei wichtigsten Hauptenergiezentren „Dant’ian“ sind:

Das Obere Dant’ian „Shang Dant’ian“ im Kopf als Speicher des Geistes „Shen“.

Das Mittlere Dant’ian „Zhong Dant’ian“ in der Brust als Kammer des „Qi“

Und das Untere Dant’ian „Xia Dant’ian“ im Unterbauch als Energiezentrale und Körpermittelpunkt, wo „Jing, Qi und Shen“ zusammenfließen und transformiert werden.

In der daoistischen Wudangschule liegt das Augenmerk der Übungen und Meditationen im „Unteren Dant'ian“ „Xia Dant‘ian“, 4 Querfinger unter dem Nabel im Unterbauch.

Das „Xia Dant'ian“ wird auch als das „Untere Feld des Elixiers“ oder als „Goldener Ofen“ bezeichnet. Das ist das Energiezentrum, in dem nach der tradierten Überzeugung der Daoisten die Transmutationen von Qi, Jing und Shen durch alchemistische Vorgänge erfolgen.

Der Übende richtet seine Aufmerksamkeit darauf, immerwährend sein „Xia Dant'ian“ zu behüten wie seinen einzigen Schatz. Egal ob er geht, steht, sitzt oder liegt, er richtet die Aufmerksamkeit immer auf das Dant’ian. Zitat von Meister You Xuande.

Der gebündelte Geist wird auf dieses feinstoffliche Energiezentrum im Unterbauch gerichtet und in der Vorstellung „YI“ wird der Atem beim Einatmen dorthin gelenkt.

Das nennt man das Feuer in den goldenen Ofen (Xia Dant’ian) bringen. In der klassischen Zeit strebte man damit an,  Unsterblichkeit zu erlangen.

Die gebündelte Aufmerksamkeit („Yi“) ist ein Teilaspekt von Geist Shen und hat Yang – Qualität.

Die Bündelung von Aufmerksamkeit mit dem Atem gilt als „Yang“  und wird in der daoistischen Tradition  als „Feuer“ bezeichnet.

Aufgrund der Gesetzmässigkeit, dass das Qi und seine Aspekte immer dem Geist Shen und der Aufmerksamkeit „Yi“ folgt, führt das zu einer Ansammlung von Qi im Xia Dant'ien. Darüber hinaus kommt es zu einer Ansammlung von Jing, das von den Daoisten seit alters her als eigene Energie angesehen wird.

Jing gilt den Daoisten als eigenständige Manifestation des Ursprungs Qi, also des Qi des früheren Himmels, das sich in der machtvollen Sexualenergie manifestiert.

Qi und Jing sind die Brennstoffe im Goldenen Ofen „Dant'ien“, der durch Erhitzen zum Überlaufen gebracht wird.

Dadurch  entsteht eine Manifestation von verfeinertem Qi, es entsteht "Reines Yang".

"Reines Yang" entsteht wie ein Destillat und hat immer die aufsteigende Tendenz  von Feuer, es muss nach oben lodern und aufsteigen.

Mit ausdauerndem und geduldigem Üben wird dieses "Reine Yang" immer stärker und kraftvoller.

Das Destillat „Reines Yang“ erreicht und durchdringt im Laufe der Zeit das darüber liegende feinstoffliche Hauptenergiezentrum  „Mittleres Dant’ian“  „Zhong Dant’ian“ mitten in der Brust, wo die Transformation zum „Reinen Qi“ stattfindet.  

Nach daoistischen Überlieferungen durchdringt das „Reine Yang“  aufgrund einer Art osmotischen Vorgangs den körperlichen Bereich, wodurch Muskeln, Sehnen und Knochen  strukturell verändert werden, wie man das nur bei Meistern der „Inneren Kampfkunst“ finden kann. Muskeln und Sehnen werden weich, elastisch und dehnbar wie die eines Kindes und die Knochen werden durch knochenmarkähnlichen Ablagerungen härter als Stahl. (Beschrieben von Zheng Manqing in seiner Schrift: „Es gibt keine Geheimnisse“)

Ich kann aus eigenem Erleben die unglaublichen Fähigkeiten von den Meistern der daoistischen Wudangschule bestätigen.

Hat sich das "Reine Yang"  den Weg nach oben in das Mittlere Dant'ian gebahnt, dann wird mit Fortdauer der Übungen über  Monate und Jahre das destillierte Qi, Jing und Shen, also das "Reine Yang" , immer mehr verfeinert und es entsteht daraus "Reines Qi".

Dieses „Reine Qi“ steigt bei ausreichender Geduld und  langjähriger Übung in das Obere Dant’ian „Shang Dant'ien" im Kopfraum auf.

Dadurch wird das „Reine Qi“ in das „WU JI“ in die große Leere zurückgeführt und wird zu „Reinem Shen“ transformiert und es kommt zu Vereinigung mit dem Dao.

Das „WU JI“ ist das Reich des "Reinen Geistes", das Reich der Leere, das Lao Tse als das „Namenlose“ bezeichnet hat, weil es jenseits von allen Vorstellungen, jenseits von Yin und Yang, jenseits von jeder Bedingtheit und Kausalität liegt.

Die „Dant’ian Methode“ ist die langwierigste aller daoistischen Methoden. Alle Adepten der daoistischen Wudangschule beschreiten diesen Weg.

Jedem steht es frei,  für sich zu entscheiden, wie lange und wie weit er diesen Weg zu gehen bereit ist. Dieser Weg ist offen, ist keine Einbahnstrasse  und hat kein Ziel.

Das Glück liegt am Rande des Weges, nicht am Ende der Strasse.

Viele daoistische Eremiten haben ihr Leben der Kultivierung des Dao verschrieben und sind den Weg des „Wahren Menschen“ gegangen.

   

©2013 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann











Samstag, 29. September 2012

Die Entstehung und der Zyklus von Wei Qi (Abwehr Qi)


Zum Verständnis eine kurze Zusammenfassung des bisher Geschriebenen:

Das Qi aus fester und flüssiger Nahrung („Gu Qi“) wird nach der Verdauung durch Magen und Dünndarm von der Milz durch den mittleren Ast des Meridians „Dreifachen Erwärmer“ zum Lunge hoch geschickt, wo sich
Gu Qi“ mit dem aus der Atemluft gewonnen „Da Qi“ vereinigt und das „Zong Qi“ bildet. 

Das „Zong Qi“ („Brust - oder „Sammel Qi“) wird zu zwei Drittel aus der festen und flüssigen Nahrung und zu einem Drittel aus der Atemluft gebildet.

Das „Zong Qi“ hat seinen Sitz im oberen Brustraum und ist eng mit „Lunge“ und „Herz“ verbunden.

Zong Qi“: 

Nährt die Lunge,
lenkt den Atem,
versorgt den ganzen Körpers mit Qi,
versorgt die Extremitäten mit Blut und erwärmt sie,
nährt das Herz,
steuert den Pulsschlag,
steuert über das Herz die Sprache und
über die Lunge die Stärke der Stimmen.

Schwaches „Zong Qi“ kann zu mangelnder Lebensfreude (Herz) und Depressionen (Lunge) führen.

Das „Zhen Qi“ („Das Wahre Qi“)

Das „Zhen Qi“ entsteht ebenfalls im Funktionskreis Lunge und ist die Verfeinerung des „Zong Qi“ durch Intervention des „Yuan Qi“ („Qi des Früheren Himmels“, „Vorgeburtliches Ererbtes Qi“).  

Die Nieren schicken „Yuan Qi“ über den unteren Ast des „Dreifachen Erwärmer“ hinauf zur Lunge. Im Gegenzug sinkt das „Zong Qi“ zu den Nieren ab und erwärmt sie.

Das „Zhen Qi“ wird in die Meridiane (Leitbahnen) eingespeist. Es ist das über die Akupunktur, Akupressur, Wärmebehandlung (Moxibustion) und Qi Gong an der Körperoberfläche aktivierbare Qi.

Das Zhen Qi erscheint in zwei Formen:

  1. Das Ying Qi (Nährendes Qi)
  2. Das Wei Qi (Abwehr Qi)


    Das „Ying Qi“ fließt nicht nur in den Leitbahnen, sondern durchströmt auch außerhalb der Meridiane gemeinsam mit Blut den Organismus, um den Körper zu nähren. Dieses Qi wird durch die Nadel bei der Akupunktur aktiviert und ist schon nach einigem Üben von Qi Gong durch Aufmerksamkeit lenkbar.

    „Ying Qi“  hat Yin Aspekt. Es wird auch das „Nährende Yin“ genannt.

Das „Wei Qi“ hat Yang Aspekt und Verteidigungsaufgaben gegenüber den äußeren Pathogenen Krankheitsfaktoren („Waisu“), die in den Körper eindringen wollen.


Der Zyklus des Wei Qi:

Die Lunge reguliert;

 „Atem Qi“ (Da Qi),
Brust Qi“ („Zong Qi“),
Abwehr Qi“ („Wei Qi“) und
Körperflüssigkeiten „Jin Ye“!

Das „Wei Qi“ zirkuliert im Wachzustand kontrollierend und wärmend an der Körperoberfläche (in den „Lo“ Gefäßen der Unterhaut) und reguliert durch Öffnen und Schließen der Haut - Poren das Schwitzen.

Ist der Funktionskreis Lunge schwach, so resultiert daraus auch eine Schwäche des „Wei Qi“, die mit ständigem Schwitzen und Frösteln, eventuell mit Schnarchen und Schleim, sowie mit erhöhter Infektanfälligkeit und chronischen Infekten einhergeht .

Das „Wei Qi“ schützt tagsüber nach außen gegen die „Liu Yin“ (und auch gegen sonstige äußere Pathogene Faktoren) und bewegt sich abends nach Innen, man wird müde und schläft ein.
Nachts wird es zum Schutzschild der inneren Organe. Es wird deshalb auch „Verteidigungs-Yang“ genannt.

In diesem Zusammenhang könnte es auch in einem gesondertem Post interessant sein, den Zusammenhang einer Lungenschwäche mit der Atemseele „Po“ darzustellen, die nach daoistischer Ansicht für unseren Lebensrhythmus verantwortlich ist.
Vorweg kann angemerkt werden, daß eine schwache Lunge immer auch auf eine schwache „Po- Atemseele“ hinweist. Denn in einer schwachen Lunge findet Po in einem mit Problemen beladenen Lebenszyklus keine
solide Basis und Verankerung.

Aber dazu mehr in einem gesonderten Post über „Po“ (Atemseele) und „Hun“ (Wanderseele).

Das „Wei Qi“ zirkuliert am Tag in 25 Umläufen an der Körperoberfläche. Morgens, wenn wir aufwachen, öffnen wir die Augen, bewegen die Augenlider und blinzeln. Vielleicht reiben wir uns auch die Augen. Mit dem Öffnen der Augen aktivieren wir das „Wei Qi“.

Das „Wei Qi“ befindet sich beim Aufwachen im Bereich der inneren Augenwinkel, genannt Blasenmeridian 1 (chinesisch „Jingming“). Durch das Öffnen der Augen wird das “Wei Qi“ unverzüglich aktiviert und es übernimmt sofort seine Schutzaufgaben. Das „Wei Qi“ strömt zu unseren Sinnesorganen, also zu

Augen,
Ohren,
Nase,
Mund und
Gehirn,

und verteilt sich im Gesicht, um dieses zu schützten. Das noch zur Verfügung stehende „Wei Qi“ fließt  in den Nacken zum Bereich Lenkergefäß („Du Mai“) 14, chinesisch „Da Zhui“, zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, um sich zu dort zu sammeln und neu zu strukturieren.

Von diesem Nackenbereich „Da Zhui“ startet nun das Wei Qi seine Schutzfunktionen und beginnt in die beiden „Taiyang - Meridiane“ an der Körper-Rückseite (Dünndarm - Blase) zu fließen und folgt dann den beiden „Shaoyang - Meridianen“ seitlich am Körper (Dreifacher Erwärmer - Gallenblase) und fließt dann in die zwei „Yangming - Meridiane“ an der Körper Vorderseite (Dünndarm - Magen), von wo es seinen Weg in die Yin Meridiane fortsetzt, um danach den Kreislauf neu beginnen.

Nachts zieht sich das „Wei Qi“ in das Körperinnere in die Organe zurück, also zuerst in Niere, dann Herz, Lunge, Leber und letzlich in die Milz, von wo es sich bei Tagesbeginn wieder auf den Weg zu den Augenwinkeln macht, um sich dort zu sammeln. Gelangt das „Wei Qi“ in den Bereich „Jingming“ (Blase 1), ist das für den Körper das Signal zum Erwachen und die Augen zu öffnen.

Sämtliche Qi Gong Übungen regeln und synchronisieren Geist, Atmung und Körper. Sie nähren die 3 Schätze „Jing“, „Qi“ und „Shen“, gleichen Yin und Yang aus und bringen das Qi der Meridiane zum Fließen. Daraus resultiert auch die Stärkung des Wei Qi und damit der körpereigenen Abwehrkräfte.

Darüber hinaus sind die „Stärkenden Äußeren Übungen“ (siehe den entsprechenden Post in diesem Blog) eine hervorragende Methode, mit sehr einfachen zu lernenden Übungen das „Wei Qi“  effizient zu aktivieren und zu stärken.




© 2012 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Dienstag, 20. September 2011

Zhan Zhuang – Stehen wie ein Baum, Stehen wie ein Pfahl


Zhan Zhuang (Dscham Dschong) ist eine der bekanntesten traditionellen daoistischen Übungen und wurde schon im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von Laotse im „Dao-de-jing“, das die wichtigste Grundlage der daoistischen Philosophie und Religion darstellt, als „Steh-Meditation“ eindrucksvoll beschrieben:



Alleine stehst du, unwandelbar und nimmst alle Geheimnisse wahr, gegenwärtig in jedem Augenblick und im unendlichen Fließen: Das ist das Tor zu unbeschreiblichen Wundern.“

Und an anderer Stelle:


Stille und Ruhe bringen die ganze Welt ins rechte Maß zurück.“

Im „Huang Di Nei Jing“, dem klassischen Werk über Innere Medizin, das inhaltlich dem Gelben Kaiser (Huang Di) zugeschrieben wird, der im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelebt haben soll, [(bestehend aus den beiden Büchern „Su Queen“ (Fragen und Antworten) und

„Ling Shu“ („Geheimnis der Schaniere [Verbindungen]“)]gibt es Hinweise, dass diese Übung des Stillen Qi Gong schon in der Urzeit der chinesischen Medizin bekannt war.
Der Gelbe Kaiser fragt seinen Berater, den Weisen „Khi Pa (Bao)“:


Ich habe gehört, dass es in alten Zeiten geistige Wesen gab,

die standen zwischen Himmel und Erde und verbanden das Universum,

sie verstanden Yin und Yang und lenkten die Prinzipien der Natur,

sie atmeten den Stoff des Lebens,

sie versenkten sich bewegungslos in den Geist des Lebens ...“

Für den berühmten General Yue Fei, ein historischer chinesischer Heerführer und Volksheld der Song Dynastie im 12. Jh. n. Chr., hatte seine überragenden militärischen Erfolge der gründlichen und intensiven Ausbildung und der außergewöhnlichen körperlichen Konstitution seiner Soldaten zu verdanken.

Die Basis Übung seiner Soldaten war „Zhan Zhuang“.

Zhan Zhuang ist auch heute noch Grundlage der daoistischen Kampfkünste. Auch in der Kampfschule von meinem Meister „You Xuande“ im Wudangshan (in den Bergen von Wudang) und in den Kampfschulen aller seiner Meisterschüler wird der Tradition entsprechend Zhan Zhuang als Basisübung aller Inneren Kampfkünste unterrichtet.

Tai Ji Quan wird von den Daoisten als „Mutter der zehntausend Kampfkünste“ bezeichnet.

Tai Ji Quan steht innerhalb der daoistischen Tradition und Praxis über allen anderen Inneren Kampf-Stilen. Und Tai Ji Quan auf hohem Niveau ist ohne Zhan Zhuang undenkbar.

Doch schon beim Erlernen der inneren Kampfkünste, beim körperlichen Koordinationstraining , bei dem das Üben flüssiger äußerer Bewegungsabläufe im Vordergrund steht, wird gleichzeitig Zhan Zhuang praktiziert. Durch Zhan Zhuang wird einerseits die Körperhaltung so korrigiert, dass die Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder für den Qi Fluss geöffnet werden, sodass Qi frei im Körper zirkulieren kann. Anderseits wird neben der äußeren Bewegung und Körperstruktur auch die innere Bewegung, die energetische Bewegung von Qi verbessert.

Bei der Stehübung Zhan Zhuang richtet man die Aufmerksamkeit auf das Untere Dant'ien, das im Laufe der Übungen immer mehr und immer selbstverständlicher zum Mittelpunkt des Körpers wird.

Da Atem und Aufmerksamkeit auf diesen Körpermittelpunkt (etwa 4 Querfinger unter dem Nabel) gerichtet sind und das Qi der Aufmerksamkeit (Yi) folgt, werden die drei Schätze Jing, Qi und Shen (=auch Yi) im Unteren Dant'ien gesammelt und gepflegt. Das absinkende Herzfeuer (Yang) kann die Nieren wärmen und das Yin der Nieren kann das Herz (die Emotionen) kühlen .

Erst durch die Innere Übungs-Praxis (Neigong) erlangt man das Zusammenspiel von Innen und Außen, erst dadurch wird die äußere Form mit Inhalt, mit Qi gefüllt. Zhan Zhuang ist eine wesentliche Übung zum Leiten und Führen der Aufmerksamkeit (Yishi Daoyin) und zum vermehren des Nei Qi.

Das bewirkt nicht nur im Tai Ji Quan, sondern auch im täglichen Leben, dass die/der Übende sich weich, locker und sanft bewegt und trotzdem stark und kraftvoll ist. Durch das Innere und Äußere Training wird Körper und Geist vollkommen harmonisch, alles fließt, ist rund, sanft und mühelos.

Nur durch gleichzeitige Entwicklung der äußeren Form und der Inneren Übungspraxis ist ein hohes Niveau in den Inneren Kampfkünsten und völlige Harmonie in der Ganzheit der alltäglichen Bewegungen zu erreichen.

Das Üben von Zhan Zhuang gibt uns die Chance, unsere ganze Körperstruktur und Körperhaltung zu verbessern. Wir sollten uns bewusst sein, dass Körper – Geist – Seele untrennbar miteinander verbunden sind. Alle Probleme in Geist und Psyche wirken auf Atmung und Körperhaltung. Körperliche und seelische Verletzungen, unsere Erziehung, unsere sozialen und emotionalen Prägungen, unsere Ernährung und die klimatischen Einflüsse beeinflussen und verändern im Laufe unseres Lebens Körperstrukur und Körperhaltung. Und unser „Sein“ entwickelt sich aus unserem „Bewusstsein“.

Durch Zhan Zhuang finden wir zu unserer Körpermitte. Mit dem körperlichen, finden wir auch unser geistig-seelisches Gleichgewicht. Nach einigem mühsamen Üben lernen wir entspannt und locker zu stehen, erfahren äußere Ruhe und innere Stille, erlangen den Qi Gong Zustand, der bewirkt, dass unsere prägenden Muster allmählich gelöscht werden.

Durch das Üben von Zhan Zhuang verbindet man das Obere Dant'ien als Speicher des Geistes (Shen) mit dem mittleren Dant'ien als Kammer des Qi und das Untere Dant'ien, wo Jing, Qi und Shen zusammenfließen. Wenn alle drei Dant'ian kultiviert werden und durchlässig sind, dann sind Jing, Qi und Shen voll und reichlich vorhanden und die Innere Kraft und Gesundheit von KörperGeistSeele übersteigt alle Erwartungen um ein Vielfaches. Das ist einer der Hauptinhalte der Inneren Übungen (Neigong) der Wudang-Schule.

Zhan Zhuang wurde im Soge der Wiederentdeckung der lange Zeit verpönten TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in China einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Großmeister Wang Xiang Zhai, ein berühmter Kampfkünstler, baute die ersten Qi Gong Krankenhäuser in China auf und sein Schüler, Professor Yu Yong Nian führte Zhan Zhuang erfolgreich 1953 zur Behandlung chronischer Krankheiten ein und schrieb über seine Behandlungserfolge sein 1982 erschienenes Buch, das über 500.000 mal verkauft wurde. Etwa zur gleichen Zeit hatte Dr. Liu-kui-chen in seinen Atemtherapeutischen Sanatorien in China mit dem in diesem Blog schon beschriebenen „Inneren Nährenden Qi Gong“ und „Nei Yang Gong“ ebenfalls außergewöhnliche Heilerfolge.

Das System des Zhan Zhuang:

In diesem System gibt es eine Vielzahl von Positionen im Stehen, Sitzen und Liegen, weil das ursprünglich im Stehen praktizierte daoistische Zhan Zhuang einerseits den Möglichkeiten von alten und kranken Übenden angepasst wurde und anderseits von Kampfkünstlern für bestimmte Kampf- Stile besonders geeignete Positionen generiert wurden. Empfohlener Blog

In diesem Blog wird die einfachste Standposition besprochen und erklärt, die bei entspanntem Stehen ausgeführt wird. Werden dieser Übung weitere Übungen angeschlossen, so genügt eine Übungsdauer von 5 – 10 Minuten. Wird das entspannte Stehen als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Die Wirkung von Zhan Zhuang:

Durch das Zhan Zhuang erreicht der Übende äußere Ruhe und innere Stille. Dadurch gerät das Qi in Bewegung und kann ungehindert durch die Meridiane fließen. Das führt zu einer natürlichen Regulierung der Meridiane von Innen nach Außen und von Außen nach Innen, und zu einem Natürlichen Fluss des Qi und einem dynamischen Ausgleich von Yin und Yang in der Oberen und unteren Körperhälfte.

Beim Ausatmen sinkt das Schwere (Yin) hinunter, beim Einatmen steigt das Leichte (Yang) auf. Lenkt man nun die Aufmerksamkeit beim Üben auf das unter Dant'ien, dann sinkt der Körperschwerpunkt von selbst allmählich nach unten. Dann erreichen wir den Zustand, der mit „unten fest und oben leicht“ bezeichnet wird und der nach daoistischer Ansicht dazu führt, dass die Jugend allmählich zurückkehrt!

Wir modernen Menschen sind ja in der Regel „oben voll und unten leer“. Unser Erleben spielt sich im Kopf ab, wir hirnen (denken) unaufhörlich, die Gedanken kreisen und stören unseren gesunden Schlaf, der Mensch unser Zeit wird von Reizen überflutet, hat beruflichen Druck, Terminstress, er ist ständig aktiv und wird letztlich überfordert bzw. überfordert sich selbst. Dazu kommt, dass das Herz (als Funktionskreis) der Raum der Emotionen ist. Zuviel an Emotionen schädigen unsere Gesundheit, und zwar auch die pathologische Freude (Xi). Im Gegensatz zur gesunden ritualisierten Freude (Le), zum Beispiel Freude über einen Genuß nach getaner Arbeit.

Gehirnrinde und Herz werden zur Mitte unserer Aufmerksamkeit. Wie schon erwähnt, das Qi folgt Yi (der Aufmerksamkeit) und der Körperschwerpunkt wandert nach oben, wo eine Energiefülle in Kopf und/oder Brust zu Kopfschmerz, Herzkreislaufproblemen und vieles mehr führen kann.

Die Ärzte der TCM stellen fest, dass durch unsere Lebensgewohnheiten, durch unsere Ernährung (Alkohol, Drogen, Fett, Coca Cola, Frittiertes ...), unser Umfeld, Überbelastung usw. Hitze (Yang) überwiegt. Innere Hitze nimmt überhand, es kommt zum Ungleichgewicht von Yin und Yang. Disharmonie von Yin und Yang wird als Krankheit definiert. Eine der Folge wäre z. B. Leberstase oder gar überschießendes Leberyang, das andere Organe attackiert

Deshalb richtet man seine Aufmerksamkeit, außer beim Blutniederdruck und typischem Yang -Mangel, immer auf das Untere Dant'ien und damit auf des Absinken des Qi.

Dadurch wird beim Ausatmen der Großteil des absinkenden Qi im Unteren Dant'ian gesammelt und bei richtiger Erdung und Verwurzelung der Rest über die Verdauungsorgane und in die Erde hinausgeleitet wird.

Das Aus-leiten von verbrauchtem Qi nach unten führt auch zum Aufsteigen frischer Energie an der Körperrückseite, von der wiederum ein Großteil vom Ming Men in das Untere Dant'ien geleitet und zur Erwärmung der Nieren  zur Stärkung  des Ming Men - Feuers gesammelt wird. Der Rest des Qi steigt bei frei durchgängigem Du Mai zum Scheitel auf.

Dadurch kommt viel Jing, Qi und Shen in den Schmelzofen (Goldener Ofen) des Unteren Datien.

Durch dass Absinken des Shen aus dem Herzen werden mit dem Herzfeuers auch allmählich  die pathogenen Emotionen, deren Sitz im Herzen ist, in das Untere Dant'ien geleitet und negative Energien gereinigt und umgewandelt.

Wir werden dadurch also „oben leicht“. Das bezieht sich natürlich auch auf den Geist, auf unser Shen im „Oberen Dant'ien“. Wir werden "unten schwer". Blut, Lymphe. Gewebsflüssigkeit und die schweren Substanzen (Körpersäfte) sinken ab. Von den "Jin + Ye", den Körpersäften, sinken insbesondere die Trüben (Jin) ab und werden ausgeleitet. Das sind Schleim, Urin und Kot.

Das körperlich-gestig-seelische „Locker-sein“ führt zur Entspannung der Cortex und fördert den protektiven, inhibitorischen Ruhezustand.

Dieser spezielle Zustand der Großhirnrinde heißt auch „Qi Gong Zustand“, in dem das vegetative Nervensystem indirekt dazu beeinflusst wird, seinen Aufgaben besser nachzukommen und die inneren Organe deutlich messbar mehr mit Blut und damit mit Qi zu versorgen, was sich erwiesener Maßen auf die Reparaturvorgänge in den Zellen positiv auswirkt.

Die Stehübung des Zhan Zhuang führt zu einer Verbesserung des Allgemeinzustands und Neustrukturierung von KörperGeistSeele.

Die Standposition:

Beim Üben im Stehen sind die Füße schulterbreit auseinander. Die Füße sind parallel mit nach vorne gerichteten Zehen. Beide Füße werden gleich belastet, das Gewicht liegt mehr auf den Zehen-ballen als auf den Fersen, verbunden mit der Vorstellung, dass die Fußsohlen mit imaginierten Wurzeln tief in die Erde reichen.

Die Knie sind in der Grundstellung leicht gebeugt, nicht durchgestreckt. Die Knie sollten nur so weit abgewinkelt werden, dass die lotrechte Linie vom Knie zu den Zehen nicht über die Zehen hinausragt. Die Knie sind leicht nach außen zu öffnen, keinesfalls soll man sogenannte X – Beine machen. Es soll ein sehr sanfter Zug nach außen in den Knien spürbar sein und die vertikale Mitte der Kniescheibe senkrecht über dem mittleren Zeh liegen. Dies ist wichtig, weil die Knie mit dem Blutkreislauf und dem Fluss des Qi korrespondieren. Fehlstellungen der Knie würden den Blut- und Qi -fluss in den Meridianen der Beine behindern.

Beim Einatmen durch die Nase wird in der Vorstellung in das Untere Dant'ien eingeatmet (sanfte und immer tiefer werdende Bauchatmung), beim Ausatmen wird der Damm und die Gesäß- und untere Bauchmuskulatur leicht ohne Kraftaufwand angespannt.

Beim Einatmen wird der Bauchraum entspannt, dadurch vergrößert sich der Raum des „Unteren Dant'ien“ und kann sich besser mit Qi füllen. Die Zunge bleibt während der ganzen Übungsdauer am oberen Gaumenbogen hinter den Schneidezähne.

Ein wichtiges Prinzip im Qi Gong besagt: „Unten fest, Oben leicht!“

Man fühlt mit der Fortdauer der Übungen eine intensive Beziehung zum Boden und erdet sich und verwurzelt sich in der Vorstellung ganz tief im Boden, es empfielt sich, am Beginn der Stehübung die Zehen bewußt einige mal gegen den Boden zu drücken, gleichzeitig wird der Körper ab der Taille immer leichter, ohne Druck und Anspannung, er hängt oder schwebt quasi am Seidenfaden, der (gedacht) am Scheitelpunkt (Bai Hui) angebracht ist und vom Himmel gehalten wird.

Das Becken ist leicht nach vorne gekippt, es ist also das Gegenteil eines Hohlkreuzes, und der Rücken kann dadurch gerade aufgerichtet werden. Diese Position ähnelt jener, die man einnimmt, wenn man gerade dabei ist, sich zu setzen. Gelingt es in dieser Position, die Bauchmuskulatur zur Probe kurz anzuspannen und dann den Bauchraum zu entspannen, dann stimmt die Beckenstellung.

Der Kopf ist wie beim oftmals beschriebenen Sitzen locker aufgerichtet, das Kinn ein wenig zur Brust angezogen und der Scheitelpunkt liegt über dem Dammpunkt. So kann Qi und Blut über dem Rücken aufsteigen und das Gehirn versorgen.

Stellt man sich vor, dass der Kopf am Scheitelpunkt auf einem Seidenfaden hängt, dann gelingt auch die Vorstellung, dass die einzelnen Wirbel der Wirbelsäule wie Perlen an einer Perlenschnur senkrecht hinunter hängen bis zum Steißbein.

Die Lippen sind leicht geschlossen, die Zähne sind nicht aufeinandergepreßt, sonder ruhen leicht aufeinander. Die Augen sind fast geschlossen. Dadurch wird das Austreten und Verlieren von Qi verhindert. Durch das Positionieren der Zungenspitze hinter den oberen Schneidezähnen entsteht die „Elsternbrücke“, dadurch werden Du Mai (Lenkergefäß) und Ren Mai (Konzeptionsgefäß) verbunden und der „Kleine Himmlische Kreislauf“ wird geschlossen.

Die Schulter hängen leicht und entspannt und die Brust ist nicht hinausgestreckt, sondern leicht eingezogen. Das entspannt die Brustmuskulatur. Die Arme hängen seitlich locker herab, und zwar einige Zentimeter weit vom Körper weg, sodass man in die Achselhöhlen jeweils einen Tischtennisball legen könnte. Es hilft auch die Vorstellung, dass in den Achseln ein rohes Ei gehalten wird, das einerseits nicht zerdrückt werden soll und anderseits nicht hinunter fallen darf. Dadurch sind die Achselhöhlen geöffnet und das Qi kann frei fließen.

Die Arme werden dann vor dem Körper zur Brusthöhe so angehoben, die Ellbogen sind locker und leicht gebeugt und und werden leicht fallen gelassen, das heißt, sie sind etwas tiefer als die Hände, die so gehalten werden, als ob man einen leichten Ball oder Luftballon sanft zur Brust drücken würde oder wie bei einer Geste des Umarmens. Dabei sind Arme und Hände völlig locker und Schulter- Ellbogen und Handgelenke entspannt und für den Qi- und Blutfluss offen.

Knie und Ellbogen korrespondieren. Wie die Knie für die unteren Extremitäten sind die Ellbogen für die oberen Extremitäten die Gelenke mit dem größten Einfluss auf das natürliche Fließen von Qi und Blut.

Wichtig: Qi bewegt das Blut, Blut ist die Heimat des Qi!

Die Hände werden hohl gemacht, die Finger berühren einander nicht und sind leicht gekrümmt. Die Handinnenseiten weisen zur Brust, die Finger zeigen mit den Spitzen locker zueinander, dürfen also nicht gestreckt, gespreizt oder zusammengekrallt sein. Die Fingerspitzen zeigen zueinander in einem Abstand von etwa 10 bis 20 Zentimeter.

Übende mit normalem Blutdruck heben die Arme auf Brusthöhe, die Handflächen zeigen zur Brust.

Übende mit Bluthochdruck sollten die Arme nur bis Nabel- oder Magenhöhe hochheben,
zusätzlich können je nach Wohlgefühl die Handinnenflächen zum Boden gerichtet werden.

Übende mit Blutniederdruck sollten die Arme über die Brusthöhe heben, zusätzlich können die Handinnenfläche je nach Wohlgefühl nach oben gerichtet werden.

Bei allen Übungen des Qi Gong, also auch bei „Zhan Zhuang“ ist es wichtig, dass die Handgelenke entspannt und locker sind.

Dazu werden die Hände hohl gemacht und die Finger leicht gekrümmt. Das nennt man „Drachenhände“, die gemeinsam mit den geschmeidigen Handgelenken und den geöffneten Achseln zu einer Regulierung der Meridiane des Oberkörpers führen.

Die Augen sind leicht geöffnet, der Blick ist leer und einige Meter nach vorne unten gerichtet, ohne irgendetwas zu fixieren. Der Blick kann aber auch in der Vorstellung im Bereich zwischen den Augen („Yin Tang“ - „Himmelsauge“) nach Innen gerichtet sein. Wir verlieren täglich viel Qi durch die Augen!

Das im Qi Gong obligatorische sanfte Lächeln ist verbunden mit einer Entspannen des „Yin Tang“ Bereichs (über der Nasenwurzel zwischen den Augen). Das führt nicht nur zur Entspannung der mimischen Muskulatur, sondern auch zu einer besseren Durchblutung des Kopfes und vor allem einiger Teile des Gehirns.

Hinsichtlich der Stehhöhe (abhängig vom Winkel der Knie) ist es ratsam, dass Anfänger darauf achten, die Knie nie durchzustrecken. Anderseits soll aber keine zu tiefe Position eingenommen werden. Das wäre mit einer zu großen Anstrengung verbunden, und würde kontraproduktiv zu Ablenkung und Verkrampfung führen und die Übungsdauer extrem verkürzen.

Der Übungsort:

Optimal ist ein schöner, ruhiger, störungsfreier Platz in der Natur, im Garten, Park, Wald usw.

Bei Regen, Gewitter und Wind sollte nicht geübt werden.

Ist das Üben im Freien nicht möglich, sollte ein heller, freundlicher und gut durchlüfteter Raum gewählt werden. Man darf keinesfalls in der Zugluft stehen.

Offene Türen schließen und sich vor störendem Lärm schützen ist sehr wichtig, vor allem sollte jähe plötzliche Lärmquellen wie Telefon ausgeschaltet werden.

Kleidung:

Lockere Kleidung, die Bewegungsfreiheit in alle Richtungen erlaubt ist wichtig. Am besten keine Kunstfasern (keine elektrostatische Aufladungen hervorrufen), sondern luftige Kleidung ohne beengenden Gürtel.

Persönliche Habseligkeiten:

Die persönlichen Habseligkeiten werden gemeinsam mit allen störenden Gedanken vor dem Übungsbeginn abgelegt!


Vor Übungsbeginn:

Von oben nach unten entspannen (Vorstellung einer  inneren und äußeren Dusche), sodass äußere Ruhe und innere Stille eintritt.
Dreimal durch die Nase einatmen und durch den Mund die Atemluft aushauchen mit der Vorstellung, "Negative Energie hinaus"!
Dreimal in den Unterbauch einatmen und sich dabei vorstellen, das Qi im Unteren Dant'ien zu sammeln.

Oder mit dem Einatmen das Qi gedanklich von den Fersen zum Scheitel über Hinterbeine und Rücken hochziehen und beim Ausatmen über Gesicht, Oberkörper und Vorderseite der Beine
zweimal in die Erde leiten und beim dritten mal im Unteren Dant'ien enden und dort das Qi sammeln.


Nach der Übung:

Mit den aufeinanderliegenden Händen im Uhrzeigersinn 36 mal in größer werdenden Kreisen den Unterbauch um das Untere Dant'ien massieren und 24 mal gegen den Uhrzeigersinn mit kleiner werdenden Kreisen zurück. Nicht über Nabel und Schambein hinaus massieren!


Die Übungsdauer:


Werden an diese Übung weitere angeschlossen, so ist eine Übungsdauer von 5 -10 Minuten zu empfehlen

Wird Zhan Zhuang als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Bei täglichem Üben mit der Übungsdauer von etwa 30 - 40 Minuten wird das Qi- Potential erheblich erhöht. Die Dysbalance von Yin und Yang wird beseitigt werden und das Aktivitätspotential wird durch die Stärkung des Qi des Früheren Himmels die Vitalität, die Gesundheit und die Lebensfreude eklatant verbessern.

Die Fertigkeit der relativen Ruhigstellung der Großhirnrinde wird zunehmen und dadurch die Wirkung der Emotionen auf das Großhirn mindern. Umso besser wird die Großhirnrinde ihre Schutzfunktion gegen Krankheitsbefall wahrnehmen und das Immunsystem stärken.

Es kann auch vorkommen, dass die/der Übende in einen tiefen, tranceähnlichen Zustand ohne Raum und Zeit, ohne Form und Vorstellung sinkt. Sie/Er wird sich des eignen Selbst, ihrer/seiner abgetrennten „Existenz“ nicht mehr bewußt sein, sich mit den eigenen Erkenntnissen, Plänen und Aktivitäten nicht mehr identifizieren und nach der Übung wissen, dass sie/er eine völlig neue geistig seelische Landschaft ohne Begrenzungen betreten hat. 

Die Daoisten bezeichnen diesen Zustand als „WU WEI“. Als Zustand des „Nicht Tuns“, des „Absichtslosen Tuns“ oder „Wollen im Nicht Wollen“.

Es kann durchaus vorkommen, dass während des Übens mehrere Stunden vergangen waren, und das erst nach der Übung registriert.

Für alle an der TCM besonders interessierte Leser hier ein guter Hinweis.





©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann




Samstag, 20. August 2011

Übungen des „Äußeren Stärkenden Qi Gong"

Wie schon vielfach in diesem Blog beschrieben, ist Grundlage von jedem Qi Gong immer Entspannung des gesamten Körpers und innere Ruhe und Stille.

Ein weiterer Grundsatz des Qi Gong ist, dass das „Stille Qi Gong“ immer durch „Qi Gong in Bewegung“ ergänzt bzw. komplettiert werden muss und umgekehrt.

Das gilt seit Alters her auch für die Übungen des „Inneren Nährenden Qi Gong“ und des „Inneren Stärkenden Qi Gong“.

In diesem Sinne komplettieren die Übungen des „Äußeren Stärkenden Qi Gong“ die „Inneren Übungen“. Die „Äußeren Stärkenden Übungen“ können sowohl im Stehen wie auch im Sitzen ausgeführt werden.

Beim „Stillen Qi Gong“ richtet sich die Aufmerksamkeit des Übenden im Sitzen , Liegen oder Stehen auf die Atmung, und wenn diese von alleine fließt, auf das Untere Dant'ien. Während im Äußeren Ruhe herrscht, erfolgt im Inneren die Bewegung des Qi Flusses, der vom Dant'ien in bestimmte Leitbahnen und Kreisläufe zu strömen beginnt.

Die Übungen in Bewegungen unterscheiden sich von den Übungen in Ruhe dadurch, dass die physischen Bewegungen oder Aktivitäten die Energie mit dem Atem durch den ganzen Körper führen.

Der alte daoistische Begriff dafür war „Dao-Yin-Shu“, übersetzt „Technik der Atemführung“.

Der Begriff „DAOYIN“ wurde erst in den 1950-er Jahren durch den heute üblichen Begriff
Qi Gong“, in der Bedeutung von „Arbeiten mit Qi“, ersetzt..

In die historischen Übungen aus den daoistischen und buddhistischen Tempeln flossen im Laufe der Zeit auch neue Bewegungsübungen mit ein. Viele Ärzte wandten die altem Übungsmethoden an und reicherten sie mit ihrer Erfahrung an. Diese Übungen wurden von traditionellen Ärztefamilien gesammelt und den Nachkommen und Schülern gelehrt. Die überlieferten Übungen wurden von den modernen chinesischen Ärzte in verschiedenen chinesischen Kliniken angewandt. Der in diesem Blog schon oft erwähnte Dr. Liu Kui-chen hat solche Traditionen gesammelt und als Leiter des Atemtherapeutischen Institutes von T'angschan gesammelt, an sich in Selbstversuchen und dann an Patienten probiert und publiziert. Die medizinische Wirksamkeit dieser Übungen wurde in zahlreichen medizinischen Studien bestätigt und auch vom berühmten russischen Arzt Prof. Krasnoselski überprüft und für das Sanatorium auf der Halbinsel Krim übernommen.

Einige dieser „Stärkenden Äußeren Übungen“ finden sich in anderen Systemen wieder, so zum Beispiel bei den „Acht Eleganten Übungen im Sitzen“ („Ba Duan Jin“) und auch in anderen alten Übungsreihen. Ich stelle hier von den vielen mir bekannten Übungen nur jene vor, die ich bei meinen daoistischen Lehrern in China erlernte und selbst nahezu jeden Tag seit vielen Jahren praktiziere. Sie decken sich nur teilweise mit den Übungen der TCM für kranke Patienten in den Sanatorien.

Die Stärkenden Übungen sind für uns westliche Menschen sehr einfach zu lernen, stellen ein eigenes, wertvolles und hoch effizientes Übungssystem dar und eignen sich auch bestens dazu, nach anderen Übungen, seien sie aus dem „Jing Gong“ oder „Dong Gong“, zum Auflösen eventuell verbliebener Blockaden eingesetzt zu werden. Diese Übungen haben sich bei allen von mir unterrichteten Qi Gong Adepten, auch bei Senioren, als wahrer Jungbrunnen erwiesen und es gibt kaum ein verleichbares System, das z.B. in Arbeitspausen mit wenig Zeitaufwand das Qi so anregt und in den Leitbahnen zum Zirkulieren bringt. Auch zum Erfrischen bei Pausen auf Reisen eignen sich diese Übungen bestens. Man kann auch problemlos bei Zeitmangel einzelne Übungen auswählen und praktizieren, die einem besonders gut tun.

  1. Das Gesichtreiben(-waschen)
Die Handflächen werden solange aneinander gerieben, bis sie warm sind und dann wird das Gesicht von oben nach unten und von unten nach oben wie beim Waschen gerieben, am besten
18 mal, dabei wird das ganze Gesicht und einige male auch mit den Daumen hinter den Ohren gerieben. Diese Gesichtsmassage ist anregend für die Gesichtsnerven und verhindert Faltenbildung. Die Durchblutung wird gefördert und die Haut bekommt eine gesunde Farbe.

  1. Das Nasenreiben

Die Seiten der Zeigefinger werden solange aneinander gerieben, bis sie warm sind und man reibt mit beiden Zeigefingern entlang der Nasenflügel von den Mundwinkel hinauf bis zwischen die Augen zur Stirn 36 mal auf und ab. Dies ist vorbeugend gegen eine Erkältung der Nasenhöhle und schafft bei Schnupfen eine freie Nase. Nach der TCM wird dadurch die Lunge befeuchtet.

  1. Um die Augen reiben

Mit geschlossenen Augen reibt man mit den Fingerkuppen oder den äußeren Gelenken der Daumen, die vorher warm gerieben werden, von den äußeren Augenwinkeln über die Augenbrauen und Augenlider der geschlossenen Augen in Richtung Nasenwurzel und unter den Augen zurück über die Gesichtsknochen. Nach 18 mal reibt man in die Gegenrichtung, bei der Nasenwurzel beginnend. Man massiert dadurch die Augenlider und die Gegend der Augenbrauen und viele Akupunkturpunkte der Yang Meridiane. Danach dreht man bei geschlossenen Augenlidern die Augenäpfel 18 mal von rechts nach links. Das beugt Augenkrankheiten vor und stärkt das Sehvermögen.

  1. Die Zungenübung (Umrühren des Meeres)

Man bewegt die Zunge 18 mal kreisend am äußeren Zahnfleisch von rechts oben nach links unten und weiter kreisend nach rechts und nach oben zurück. Dann das gleiche 18 mal von links oben nach rechts unten und weiter den Kreis vollendend zurück. Der Speichel wird gesammelt und bleibt in der Mundhöhle.

  1. Das Schlucken des Speichels

Man spült den gesammelten Speichel (Honigtau oder Wein des langen Lebens genannt) 36 mal durch den Mund und schluckt ihn dann in kleinen Portionen (in der Vorstellung) bis ins Dant'ien hinab.

Die Zungenübung und das Schlucken des Speichels beseitigt bitteren Mundgeschmack, den Zungenbelag und Kehlkopfschmerzen. Durch die fermentierende Wirkung des Speichels wird die Verdauung gefördert.

  1. Das Kopf klopfen
Mit allen Fingerkuppen beider Hände wird der Kopf an allen erdenklichen Stellen geklopft, mindesten 36 mal mit allen Fingerkuppen bis zum Nacken. Die Intensität wird frei gewählt.

Anschließend fährt man mit den Fingern beider Hände wie mit Kämmen vom Haaransatz an der Stirn 18 mal über die Kopfhaut nach hinten zum Nacken

und klopft dann mit den flachen Händen und Fingern von vorne nach hinten 36 mal mit selbstgewählter Intensität den ganzen Kopf.

Diese Übung aktiviert die Zirkulation sämtlicher Yang Meridiane und befeuert den Energiekreislauf.

  1. Die Ohrübung

Zuerst werden die Daumenballen beidseitig auf die Mitte des Ohres gelegt und die Ohren kreisend nach allen Richtungen massiert, bis sie warm werden.

Dann werden die Ohrmuscheln mit den Handinnenflächen nach vorne geklappt und wie in einer Muschel in den hohlen Händen so abgeschlossen, dass sich die Fingerspitzen am Hinterkopf berühren. Dann drückt man mit den Zeigefingern so fest auf die Mittelfinger, dass sie von dort abrutschen und gegen den Hinterkopf klopfen. Das ruft in den Ohren einen Ton ähnlich Trommelschlägen hervor. Das soll 36 mal wiederholt werden. Das wird von Alters her als „Himmels-trommeln“ bezeichnet.

Dann klopft man seitlich mit dem lockeren Zeigefinger der flach geführten Hand auf den gegenüberliegenden, das Ohr abdeckenden Handrücken. Im Ohr hört man dann einen helleren Ton, der als „Himmelsglocken“ bezeichnet wird. Ebenfalls 36 mal in schnellerem Takt.

Dann steckt man den Zeigefinger in den Gehörgang und zieht ihn mit einem leichten Blob-Geräusch wieder heraus. Drei mal links und rechts und zieht danach an den Ohrläppchen nach unten.

Mit wiederholter Übung können Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Ohren-sausen und Tinnitus geheilt werden. Auch beginnende Schwerhörigkeit kann damit beseitigt werden.

Nach Krasnoselski hat diese Übung eine die Gehirnrinde anregende Wirkung. Dadurch werden die
Funktionen des Herzens und der Atmung verbessert. Die Massage der Ohrmuscheln regt die Hörnerven an, wodurch die Intensität des Hörens verstärkt wird.

Anschließen werden die Ohrläppchen massiert, geknetet und mit den Fingernägeln zusammengekniffen, wodurch Ohrakupunkturpunkte von Augen, Nase, Kieferhöhle und der Bereich Zunge aktiviert werden.

In der Ohrakupunktur spiegelt das Ohr den am Kopf stehenden Embryo und der ganze Körper kann über die am Ohr befindlichen Akupunkturpunkte therapiert werden.

  1. Die Halsübung
Die ineinander verschränkten Hände werden in den Nacken gelegt und während man nach oben schaut, drückt man mit den Händen 9 mal auf Nacken und Hinterkopf. Damit können Schmerzen in der Halsmuskulatur und Flimmern der Augen beseitigt werden.

  1. Das Schulterreiben

Mit der linken Hand reibt und knetet man die rechte Schulter und mit der rechten die linke Schulter. Beliebig oft, mindestens aber 18 mal. Die Übung lindert rheumatische Gelenkschmerzen.

  1. Das Nierenreiben

Man reibt die Handflächen aneinander, bis sie warm werden und reibt mit einer Hand von oben nach unten über die Niere und mit der anderen Hand in der Gegenrichtung die andere Niere. Mindestens 18 mal mit jeder Hand. Das hilft gegen Kreuzschmerzen und Frauen bei Schmerzen in der Hüftgegend während der Menstruation.

  1. Die Steißwirbelmassage

Diese Massage wird wie das Nierenreiben, aber dichter an der Wirbelsäule durchgeführt, indem man Zeigefinger und Mittelfinger zusammen nimmt, und mit den anderen Fingern eine lockere Faust macht, wobei Zeige- und Mittelfinger nach unten schräg zur Wirbelsäule zeigen. Mindestens 18 mal gemacht, hilft das nicht nur bei Kreuzschmerzen, sondern auch vorbeugend gegen das Entstehen von Hämorrhoiden.

  1. Die Massage des Dant'ien

Man reibt die Hände aneinander warm legt sie mit dem „Lao Gong Punkten“ (Mitte der Handfläche) übereinander auf das Dant'ien (etwa 4 Finger unter dem Nabe) und massiert in größer werdenden Kreisen im Uhrzeigersinn mindestens 36 mal den Unterbauch. Anschließend mit kleiner werdenden Kreisen 36 mal gegen den Uhrzeigersinn zurück. Es soll nicht über Nabel und Geschlechtsteil hinaus massiert werden.
Neben der Anregung der Peristaltig dient diese Massage auch der Beseitigung von Impotenz und vorzeitigem Samenergusses. In diesem Fall wird empfohlen, mit einer Hand 100 Kreise in jede Richtung zu machen und mit der anderen freien Hand den Hodensack zu halten.

  1. Die Organmassage

Nach der Dant'ien Massage wandern die Hände hoch zur Leber und die Lebergegend wird 18 mal kreisförmig im Uhrzeigersinn massiert und 18 mal entgegen massiert.
Dann massiert man in gleicher Weise Magen, Milz und Bauchspeicheldrüse,

    dann das Herz,
    dann die Lunge im Oberen Brustbereich unter dem Schlüsselbein,
          dann das Herznest (Mitte Brustbein) als Sitz des emotionalen Herzens.

  1. Das Reiben des „Großen Hammers“ (Dazhui)
Dazhui“, auch „Halswirbelpunkt“ oder „Großer Hammer“ genannt, liegt am „Du Mai“ (Lenkergefäß)
im Bereich 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel. Zieht man das Kinn zur Brust, so ist der 7. Halswirbel jener, der am weitesten herausragt.

Hier liegt der Schnittpunkt aller Yang Meridiane mit dem Yang-Gefäß Du Mai, das alle Yang Meridiane regiert. Hier entscheidet sich auch, ob das Yang stark genug ist, diesen Pass zu überwinden und seinen Weg hinauf in den Kopf zum „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke) fortzusetzen, um von dort den Weg des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ über die Stirn und Nase hinunter zur Oberlippe und zum Zahnfleischpunkt über den Schneidezähnen zu nehmen.

Ist der Bereich „Dazhui“ – „Jadekissen“ blockiert, beginnt die frühzeitige Alterung. Das Gesicht wird fahl, es bilden sich Falten und die Haare ergrauen und fallen genauso wie die Zähne aus. Die Lebenskraft verwelkt frühzeitig.

Der Bereich "Dazhui" ist von großer Bedeutung als Sammelplatz des Wei Qi (Abwehr Qi).  
Von hier  aus beginnt der Wei Qi Zyklus seine 25 Umläufe an der Körperoberfläche, um den Körper vor dem Eindringen äußerer Pathogener Faktoren zu schützen. 

Unsere Immunabwehr wird durch diese Übung stark tonisiert.

  1. Die Energiebahnen abklopfen.
    Der ganze Körper wird mit den flachen Händen abgeklopft.
Man klopft mit der rechten Hand in Bahnen der linken Körperseite über den Handrücken und Armoberseite bis zur Schulter und dann über die Armrückseite und dann über die Armvorderseite des anderen Armes hoch zur Schulter und immer auf der Innenseite hinunter zur Hand. Es sollte der gesamte Arm gründlich geklopft werden, bis man den Arm wechselt uns die linke Körperseite abklopft.. Auch hier gilt es, an der Armoberseite und -Rückseite und -Vorderseite Richtung Kopf zu klopfen und Arminnenseite hinunter bis über die Hände.

Dann klopft man den Oberkörper auf allen Seiten mit beiden Händen beliebig fest und gründlich.

Hüfte, Hinterteil fest klopfen und die Bein werden vorne, seitlich und hinten von oben nach unten fest geklopft, und immer führt der Weg zurück klopfend auf der Beininnenseite nach oben zur Hüfte.

Anschließend reibt man mit der Handfläche den Handrücken der jeweils anderen Hand ganz fest und klatscht zum Abschluß 3 mal fest in die Hände.


© 2011Copyright: Dr. Reinhard Hörmann



































Montag, 1. August 2011

Das „Innere Stärkende Qi Gong“ ("Ch'iang-chuang-kung")

Das „Innere Stärkende Qi Gong“ ist, wie das „Innere Nährende Qi Ging“, eine Form des „Stillen Qi Gong“ „(„Jing Gong“).
Es besteht aus Übungen in Ruhe, die im Liegen, Sitzen oder Stehen ausgeführt werden.

Nach außen hin herrscht zwar Ruhe vor, im Inneren widmet sich der Übende jedoch ganz der Bewegung des Qi Flusses.

Allen Übungen des Stillen Qi Gong ist gemeinsam, dass zunächst die Entspannung von Muskeln, Sehnen, Gelenken und Bändern herbeigeführt wird, der innere Ruhe und Stille folgt.

Der Zusammenhang von körperlicher Entspannung mit der dazu korrespondierenden Entspannung der Großhirnrinde und „vice versa“ wurde in diesem Blog schon vielfach erwähnt.

Wichtig ist vor allem die Bereitschaft des Übenden, sämtliche störende Gedanken abzulegen.

Nach der Übung ist genug Zeit, sich diesen Gedanken zu widmen. Die Chinesen sagen, störende Gedanken sind vor der Übung abzulegen wie die störenden Habseligkeiten ( wie zum Beispiel Gürtel, Portmonee, Uhr, Handy, enge Kleidung etc. ).

Gelingt es, äußere Entspannung und Innere Stille herzustellen, folgen die Übungen, bei denen die Aufmerksamkeit („Yi“) auf die Atmung gerichtet wird.

Wenn die Atmung von selbst in gewünschter Weise fließt, richtet man die Aufmerksamkeit auf das „Untere Dant'ien“. In der Vorstellung wird der Atem ganz tief in den Unterbauch in das Dant'ien gelenkt.

Es ist eine Erfahrungstatsache, dass das Qi dem Geist (der Vorstellung) folgt.

Daher vereinen wir durch unsere Vorstellung den nach unten gelenkten Atem mit Geist (Shen) und Qi im Unteren Dant'ien.

Die Vorstellung („Yi“) ist ein Aspekt von „Shen“ (Geist).


Alle Übungssysteme des Stillen Qi Gong sind grundsätzlich in drei Stufen aufgebaut:


Die erste Stufe ist äußere Entspannung und Innere Stille,

die in der zweiten Stufe mit konzentrierten Atemübungen weitergeführt wird.

Die dritte und höchste Stufe ist die Stufe der Meister:

Es ist die Stufe des Wu Wei, des „Tun im Nichtstun“, das ist höchste Harmonie und Leere, ein Zustand, in dem der Körper mit Umwelt und Kosmos eins ist, ruhig und leicht, ohne Form, ohne Polarität, ohne Täuschung des Selbst, das Qi der Natur wird vom Geist aufgenommen, der ganze Körper atmet durch die Poren.

Die „Inneren Übungen“ des Stillen Qi Gong bestehen der historischen Entwicklung nach aus den „Inneren Stärkenden Übungen“ („Ch'iang Chuang Gong“), die ihrem älteren Ursprung nach eng mit der daoistischen Tradition verbunden sind

und den später entstandenen „Inneren Nährenden Übungen“ („Nei Yang Gong“), die von dem Arzt Liu Kui-chen 1957 in einem Buch einer interessierten Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde und wegen der nachgewiesenen Heil-Erfolge in den Sanatorien Chinas weltweit breite wissenschaftliche Anerkennung fanden. Darüber wurde in diesem Blog schon ausführlich in den Posts über „Inneres Nährendes Qi Gong“ geschrieben.


Die „Inneren Stärkenden Übungen“:


Die Körperposition ist frei wählbar, wobei bei den Sitzpositionen der Lotussitz (beide Fußrücken liegen auf den Oberschenkeln) oder der Halblotussitz (der linke Fuß liegt unter dem Körper, der rechte liegt auf dem linken Oberschenkel) bevorzugt werden.

Ist das nicht möglich, kann auch auf einem Schemel oder Hocker ohne Lehne gesessen werden.

Der Nacken ist dabei entspannt, die Schultern und Arme hängen locker, das Kinn ist leicht angezogen, die Hände liegen mit den Handflächen nach oben ineinander im Schoß, die Wirbelsäule ist aufgerichtet, die Wirbel liegen wie Scheiben aufeinander und der Kopf sitzt so auf der Wirbelsäule, dass der Bai Hui (Scheitelpunkt Mitte Schädeldecke) senkrecht über dem Bai Hui (Mitte Perineum) liegt, die Augen sind halb offen, der Blick ist nach innen gerichtet.

Bei Übungen morgens oder abends wird die stehende Position empfohlen. Wenn möglich soll in der Natur, in gesunder Umgebung mit viel frischer Luft an einem von Zugluft geschützten Ort geübt werden.

Dabei wird die übliche Stehposition eingenommen. Beine schulterbreit auseinander, Kopf leicht nach vorne geneigt, Kinn leicht angezogen, Kopf und Nacken entspannt, die Schultern hängen locker und sind leicht nach vorne gezogen, der Rücken wird dadurch breit und die Brust nicht hinausgestreckt. Die Arme sind locker in einem solchen Abstand vom Körper, dass in den Achselhöhlen ein Tischtennisball Platz hätte. Die Hände werden vor dem Unterbauch leicht angehoben so gehalten, dass die Finger voneinander einen Abstand von einigen Zentimetern haben, wie wenn man einen leichten Ball vor dem Dant'ien halten würde.

Diese tiefe Handhaltung empfiehlt sich für Übende mit erhöhtem Blutdruck.

Bei normalem Blutdruck werden die Hände leicht vor der Brust so gehalten, als wenn man einen großen Ball sanft zur Brust drücken wollte.

Personen mit zu niedrigem Blutdruck heben die Hände in dieser stehenden Stellung bis in Schulterhöhe.

Die Haltung soll jedenfalls locker sein, der leicht nach vorne geneigte Kopf soll wie am Scheitelpunkt (Bai Hui) auf einem Seidenfaden aufgehängt sein, wobei die einzelnen Wirbel der Wirbelsäule bis zum Steißbein einer nach unten hängenden Perlenschnur gleichen.

Das Becken wird leicht nach vorne gekippt, wie in der Anfagsbewegung des Niedersetzens.

Es wird eine Position eingenommen, die das Gegenteil eines Hohlkreuzes darstellt.


Die Entspannung:

Die Augen liegen entspannt in den Höhlen und sind halboffen, der Blick ist leer bzw. nach innen gerichtet.
Nach dem Einnehmen dieser Körperhaltung atmen wir in unserem Atemrhythmus einige Minuten weiter.


Wir beginnen, den Körper und den Geist bewusst zu lockern, indem die Luft durch den Mund ausgeatmet (hinaus geblasen) und gleichzeitig Kopf- und Nackenmuskulatur bewusst entspannt wird.

Beim Hinaus-blasen der Luft durch den Mund denken wir „entspannen“, „Ruhe“ oder „locker“.

Sind Kopf und Nacken entspannt, folgen einige ruhige Atemzüge durch die Nase , dann bläst man wieder die Luft durch den Mund hinaus, entspannt gleichzeitig die Schultern und die Armmuskulatur und denkt wieder dabei die gleiche vorher gewählte Affirmation.
In gleicher Weise geht man vor bei Brust und oberem Rücken bis zum Gürtel, Unterbauch und unterem Rücken,
dann Oberschenkel und letztlich Unterschenkel mit den Füßen.
Die Atemmethoden des Innere Stärkenden Qi Gong:
  1. Die alltägliche Atemmethode:
Es wird durch die Nase entspannt und sanft ein- und ausgeatmet. Das Ein- und Ausatmen fließt natürlich und ist gleich lang.

Im Gegensatz zum „Inneren Nährenden Qi Gong“ wird KEINE Atempause gemacht.

Die Zunge liegt hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen und bleibt dort unverändert während der ganzen Übungsdauer.

Der Atem wird während des Übens immer ruhiger und tiefer, wird langsamer und fließt ohne jede Kraftanstrengung.

Sobald der Atem wie von selbst fließt, vergisst man den Atem und richtet seine Aufmerksamkeit auf das Untere Dant'ien.

Diese Methode ist wegen der geringen Anforderungen besonders für Anfänger geeignet, weil der Atem nur sanft und ruhig sein muss.

Diese Atmungsform ist kräftigend, harmonisiert Yin und Yang und beruhigt den Gesamtorganismus.

  1. Die Methode der tiefen Atmung:
Diese Atmung soll langsam, lang, sanft und tief sein. Die Zunge liegt und bleibt während der gesamten Übung hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen.

Der Übergang zwischen Ein- und Ausatmung soll rund und unmerklich sein, gleich einer sanften Welle, die sich aufbaut und wieder abflacht, rhythmisch, ohne Pause. Man stelle sich einen Seidenfaden vor, der sanft und langsam nach vorne und zurück gezogen wird, kontinuierlich und rund, um ja nicht zu reißen.

Die Atmung erfolgt ausschließlich durch die Nase tief in den Unterbauch. Ziel ist, dass die sanfte und tiefe Bauchatmung reflektorisch wird.

Diese Atmung reguliert den Blutdruckdruck, hilft Neurasthenikern (Menschen mit Neigung zur Störung im vegetativen Nervensystem) und schafft Abhilfe bei Verdauungsstörungen.
  1. Die Methode des umgekehrten (paradoxen) Atmens:
Bei dieser Atemmethode wird beim Einatmen der Bauch leicht eingezogen und das Perineum sanft angespannt. Der Brustkorb wird beim Einatmen natürlich ausgedehnt. Die Zunge liegt und bleibt während der ganzen Übung hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen. Die Atmung erfolgt durch die Nase, ohne jede Atempause. Bei der Ausatmung dehnt sich der Bauch locker aus und der Brustkorb bleibt völlig entspannt. Die Atmung muss ohne jede Kraftanstrengung, leicht, locker und ruhig, das heißt ohne Hast und Eile sein.


Wichtig für die Inneren Stärkenden Übungen:

Die Alltägliche Atmung kann auch vor und nach dem Essen geübt werden.

Bei Gewitter und Unwetter soll überhaupt nicht Qi Gong geübt werden.

Die Dauer der Atemübung sollte anfangs 10 Minuten, später bis 20 Minuten betragen

Die Bauchatmung soll weder mit leerem Magen noch mit innerhalb einer Stunde nach dem Essen durchgeführt werden.

Die Paradoxe Atmung darf niemals mit vollem Magen durchgeführt werden.

Wenn sich beim Üben vermehrter Speichelfluss einstellt, soll der Speichel keinesfalls ausgespuckt, sondern im Mund gesammelt werden. Dieser angesammelte Speichel wird bei den Daoisten auch „Honigtau“ oder „Wein des langen Lebens genannt“. Auch in der Meditation wird die aufsteigende Energie in speichelartigen Nektar verwandelt und soll in kleinen Schlucken wieder in den Unterleib zurückfließen. Im I Ging heißt es: „So isst und trinkt der Edle“! Das in Speichel verwandelte Qi soll durch die Kehle ins Untere Dant'ien zurückfließen.

Sobald der Atem von selbst in gewünschter Weise fließt, wechselt die Aufmerksamkeit zum Unteren Dant'ien.

Bei den Übungen nimmt man den Körper als unbeteiligter Beobachter wahr, teilnahmslos, ohne zu werten. Sollten im Du Mai (Lenker Gefäß) entlang der Wirbelsäule , im Ren Mai (Diener Gefäß) in der Mitte des vorderen Oberkörpers oder im Dai Mai (Gürtel Gefäß) entlang der Gürtellinie Wärmegefühle auftreten, so ist das nicht zu bewerten. Das ist normal, wenn es kommt und normal, wenn es nicht kommt. Auf den Erfolg der Übungen hat dieses Wärme - Symptom keinen Einfluss. Eventuell auftretender Juckreiz vergeht von selbst und ist nicht zu beachten. Keinesfalls kratzen!

 
Es gibt viele Beweise in Studien für die heilende Wirkung der „Inneren Nährenden Übungen“ und der „Inneren Stärkenden Übungen“ bei Neurasthenie, Blutdruckproblemen, Krankheiten des Verdauungsapparates, Magengeschwüren oder Magensenkung.

Nachgewiesen ist auch die positive Wirkung von beiden Übungssystemen auf die Beruhigung des Gesamtorganismus und des ganzen Nervensystems.

Es ist also Tatsache, dass wir hier zwei Methoden haben, die nachweislich mit großen Heilerfolgen eingesetzt wurden und werden. Viele chinesische Ärzte betrachten beide Übungssysteme als zusammenhängende Methode und nutzen beide, wobei zu der völligen  Wiederherstellung der Gesundheit meist die "Inneren Nährenden Übungen" und zur Vorbeugung gegen Krankheiten die "Inneren Stärkenden Übungen" bevorzugt werden.
Vielleicht sollte man beide Methoden ausprobieren und letztlich die Methode wählen, wo man sich wohler fühlt.
Meiner Erfahrung nach ist beim Qi Gong die Übungsmethode nicht so entscheidend wie die lockere mentale Einstellung und die Fähigkeit, störende Gedanken abzulegen und seine Gedanken und Aufmerksamkeit auf „EINES“ (einspitzig aufs Atmen bzw Dant'ien) zu richten .

Besonders bedeutend ist, dass durch ständiges Üben und Wiederholen der Reflexautomatismus entwickelt wird und dass die Übungen in vollständiger innerer Harmonie abgeschlossen werden und in den Zustand der passiven Ruhe führen. Nur in diesem Zustand können die natürliche Selbstheilkräfte des Körpers zur Wirkung kommen. Die passive Ruhe ist das Yin, das für die Wirksamkeit der Übungen (Yang) erforderlich ist.



©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann